Adrian Maleika
Der 16-jährige Glaserlehrling Adrian Maleika war ein leidenschaftlicher Fußballer und aktiver Fan des SV Werder Bremen im Fanclub „Die Treuen“. Er fuhr zusammen mit anderen Fans zum DFB-Pokalspiel HSV gegen Werder Bremen am 16. Oktober 1982 nach Hamburg. Um das Volksparkstadion kam es zu gewaltsamen Ausschreitungen zwischen mehreren Hundert Hamburger und Bremer Fans. Als Waffen wurden Steine, Gaspistolen und Leuchtspurmunition benutzt. Durch einen Steinwurf wurde Adrian Maleika am Hinterkopf schwer verletzt und fiel bewusstlos zu Boden. Dort traten die Angreifer*innen weiter auf ihn ein. Adrian Maleika starb am nächsten Tag im Krankenhaus.
Mitglieder des Hamburger Fanclubs „Die Löwen“ sollen laut Zeugenaussagen für den Steinwurf verantwortlich sein. Sie verherrlichten in den 1980er-Jahren offen den Nationalsozialismus und waren neben Gruppen wie der Savage Army und rechten Skinheads für viele gewaltsame Übergriffe verantwortlich. Zwei Männer und eine Frau des Fanclubs wurden im Dezember 1983 für die Beteiligung an der Schlägerei verurteilt, jedoch blieb ungeklärt, wer Adrian Maleika getötet hatte. Der Richter äußerte in der Urteilsbegründung, die Reaktionen der Angeklagten und ihrer Freund*innen im Zuhörersaal ließen befürchten, „dass der Tod Adrian Maleikas nur als Betriebsunfall angesehen wird“ (Hamburger Abendblatt, 20. Dezember 1983).
Im Dezember 1982 trafen sich Vertreter*innen und Fan-Delegierte beider Vereine in Scheeßel, auf halber Strecke zwischen Hamburg und Bremen, zum symbolischen „Stillhalteabkommen“, um weitere Zusammenstöße zu vermeiden. In der Folge entstanden vielerorts Fanprojekte, um die Gewaltexzesse und den Hooliganismus zu bekämpfen. Ein Gesang von HSV-Fans, der den Tod von Adrian Maleika verharmlost, ist bis heute an Spieltagen gegen Bremen zu hören.
Von 1987 bis 2003 organisierten Bremer Fans Adrian-Maleika-Gedächtnisturniere, bei denen Fanteams aus ganz Deutschland mitspielten. 30 Jahre nach Maleikas Tod, am 17. Oktober 2012, wurde in der Ostkurve des Bremer Weserstadions eine Gedenktafel eingeweiht. Am 40. Todestag Maleikas wurde auch am Hamburger Volksparkstadion eine Gedenktafel enthüllt.
Roland Maleika fragt sich oft, wie das Leben seines jüngeren Bruders wohl verlaufen wäre:
„Hätte auch er Frau und Kinder und wären wir noch genau so eng befreundet wie damals als Kinder und Jugendliche? […] Er wollte Kunstglaser werden und träumte davon, sich nach Lehre und ein paar Jahren Berufserfahrung selbstständig zu machen. Adrian hatte eine Freundin, es war eine noch junge, noch zarte Beziehung, gerade im Aufbau begriffen.“
Zitat nach: İbrahim Arslan/Jasper Kettner, Die Angehörigen, 2019, S. 83