Debatten um Rassismus in öffentlichen Institutionen
Bei den Ermittlungen zu den Morden des „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) hatten bundesweit die Behörden trotz zahlreicher Hinweise die rassistische Tatmotivation verkannt und stattdessen das Umfeld der Opfer verdächtigt. Die rechtsterroristische Mordserie, der zehn Menschen zum Opfer fielen, wurden jahrelang nicht aufgeklärt. Betroffene, zivilgesellschaftliche Initiativen und Wissenschaft weisen seit Langem auf strukturellen Rassismus in staatlichen Einrichtungen wie Polizei, Behörden oder Krankenhäusern hin. So kritisieren sie etwa das „Racial Profiling“. Damit sind polizeiliche Maßnahmen gemeint, bei denen Schwarze Menschen und People of Color allein aufgrund äußerer Merkmale und ohne konkrete Verdachtsmomente kontrolliert werden. „Anlasslose Kontrollen“ finden besonders in Teilen der Stadt wie dem südlichem St. Pauli statt, die die Polizei aufgrund erhöhter Drogenkriminalität als „gefährliche Orte“ einstuft. Anwohner*innen-Initiativen kritisieren dies als rassistische Kontrollpraxis, die zu einem Klima der Angst für Schwarze Menschen führe, die laufend mit Kontrollen rechnen müssten.
Nach dem Tod des US-Amerikaners George Floyd 2020 protestierten auch in Hamburg Tausende gegen strukturellen Rassismus und tödliche staatliche Praxen.

Antirassistische Initiativen werten auch Todesfälle von geflüchteten Menschen in Gewahrsam von Polizei oder Justiz als Folge eines strukturellen Rassismus. Allein in Hamburg nahmen sich seit 1995 mindestens fünf Menschen in der Abschiebehaft das Leben. Auch weitere Tote in Hamburg sehen Hinterbliebene und antirassistische Initiativen als Opfer eines strukturellen Rassismus: Michael Paul Nwabuisi (genannt Achidi John) aus Nigeria, der 2001 im Zuge eines zwangsweise verabreichten Brechmittels im Universitätsklinikum Eppendorf starb, Yaya Jabbi aus Gambia, gestorben 2016 in der Haftanstalt Hahnöfersand, und William Tonou-Mbobda aus Kamerun, 2019 gestorben nach einer Zwangsfixierung im Universitätsklinikum Eppendorf.
Kritisiert werden auch Sondergesetze und Sonderregeln für geflüchtete Menschen, darunter die „Residenzpflicht“ genannte Einschränkung der Bewegungsfreiheit, Beschränkungen auf dem Arbeitsmarkt oder die 2024 in Hamburg eingeführte „Bezahlkarte“, die Bargeldeinkäufe stark einschränkt und mit der etwa Rechtsanwaltshonorare nicht beglichen werden können. Auch die Zustände in Unterkünften für Geflüchtete werden mit institutionellem Rassismus in Verbindung gebracht.
