2010er-Jahre: Rassistische Sammlungsbewegungen

Das Bekanntwerden der Morde der Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU) 2011 schärfte das öffentliche Bewusstsein für rechte Gewalt und extrem rechte Netzwerke. Zeitgleich wurden jedoch auch rassistische Debatten um Zugehörigkeit und Nützlichkeit von bestimmten Teilen der Bevölkerung geführt. Der damalige SPD-Politiker Thilo Sarrazin beschwor in seinem Buch „Deutschland schafft sich ab“ mit völkisch-rassistischer Argumentation einen angeblichen „Untergang des Abendlands“. Das Buch landete auf der Spiegel-Bestseller-Liste.

Über das Internet und soziale Medien erreichte extrem rechtes Gedankengut weite Verbreitung. Medienwirksam inszenierte so die „Identitäre Bewegung“ die rassistische und überwiegend auch antisemitische Verschwörungserzählung vom „Großen Austausch“. In mehreren Ländern Europas feierten rechte Parteien Wahlerfolge. Mit der 2013 gegründeten Alternative für Deutschland (AfD) etablierte sich in der Bundesrepublik eine in Teilen extrem rechte Partei, der es 2017 gelang, drittstärkste Kraft im Bundestag zu werden.

Aufgrund weltpolitischer Konflikte wie dem Bürgerkrieg in Syrien flüchteten in den 2010er-Jahren wieder mehr Menschen nach Europa als in den Vorjahren. Während Teile der deutschen Bevölkerung die Geflüchteten im „Sommer der Migration“ 2015 willkommen hießen und unterstützten, stieg gleichzeitig die Zahl der rassistischen Übergriffe, der Brandanschläge auf Unterkünfte und der rechten Aufmärsche stark an. In Hamburg zündete im Dezember 2017 ein bekannter Neonazi im migrantisch geprägten Stadtteil Veddel einen Sprengsatz.

Im Februar 2018 versammelten sich unter dem Motto „Merkel muss weg“ mehrfach bis zu 300 Personen aus der bürgerlichen und der extremen Rechten in Hamburg, darunter organisierte Neonazis, Funktionär*innen von NPD und AfD, Sympathisant*innen der Identitären Bewegung, Burschenschaftler, Reichsbürger*innen und Hooligans. Sie protestierten gegen Bundeskanzlerin Angela Merkel als Verkörperung der Migrationspolitik der Bundesregierung wie auch gegen Geflüchtete und Migrant*innen. Nach zwölf Kundgebungen endeten die Versammlungen im November 2018.