1990er-Jahre: Rassistischer Schulterschluss und Angriff auf das Asylrecht

In den ersten Jahren nach der deutschen Wiedervereinigung gab es in mehreren ost- und westdeutschen Städten massive rassistische Ausschreitungen. Neonazis verübten bundesweit eine Vielzahl von Brand- und Sprengstoffanschlägen auf Unterkünfte für Geflüchtete und Wohnhäuser von Migrant*innen.
Nicht alle Überfälle erfolgten heimlich und ausschließlich durch extreme Rechte.

Die Anschläge wurden nicht nur von Neonazis verübt, sondern auch von Personen, die sich nicht zur extrem rechten Szene zählten. In ihrem Handeln bestärkte sie eine rassistisch geprägte Debatte um Zuwanderung, die zu einer erheblichen Einschränkung des Rechts auf Asyl führte, sowie eine mangelnde Strafverfolgung rassistisch motivierter Straftaten. Hamburger Neonazis unterstützten den Aufbau von Strukturen der extremen Rechten in den neuen Bundesländern und betätigten sich als Ideengeber. 1992 wurde von Hamburg aus die Broschüre „Eine Bewegung in Waffen“ mit einer Anleitung zum Bau von Brand- und Sprengbomben verbreitet, die zu Terrorakten „nach Feierabend“ aufrief. Zudem veröffentlichte Hamburger Neonazis „Anti-Antifa“-Listen – ein indirekter Aufruf zur Gewalt gegen die benannten antifaschistischen Menschen.

Der Senat reagierte mit Verboten neonazistischer Veranstaltungen und Organisationen. Hamburger Neonazis entwickelten daraufhin das Konzept der „Freien Kameradschaften“: Sie ersetzten feste Gruppen durch lose Zusammenschlüsse wie den „Hamburger Sturm“, die staatliche Verbote erschweren sollten. 1994 häuften sich auch Berichte über rassistisch motivierte Gewalttaten von Hamburger Polizisten. Das Ausmaß der Übergriffe führte zum Rücktritt des Hamburger Innensenators Werner Hackmann.