Kontinuitäten antisemitischer Gewalt
Auch nach 1945 waren nationalsozialistische Überzeugungen in der deutschen Gesellschaft weit verbreitet. Sie führten immer wieder zu Beleidigungen und Angriffen auf Jüdinnen und Juden sowie zu Schändungen jüdischer Friedhöfe.
Jubelnde Anhänger tragen „Jud Süß“-Regisseur Veit Harlan nach seinem Freispruch aus dem Hamburger Schwurgericht. Nach einer Anzeige der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes wertete das Gericht Harlans antisemitischen Propagandafilm nicht als „Beihilfe zur Verfolgung“. Der Vorsitzende Richter Walter Tyrolf hatte im Nationalsozialismus als Staatsanwalt beim Hanseatischen Sondergericht zahlreiche Todesurteile beantragt.
Als der Hamburger Kaufmann Friedrich Nieland für das Verbreiten einer antisemitischen Hetzschrift vom Hamburger Oberlandesgericht nicht verurteilt, sondern freigesprochen wurde, sorgte dies im Januar 1959 für öffentliche Empörung. Sie führte zu einem Gesetz gegen Volksverhetzung (§ 130 des Strafgesetzbuchs).
Nach Medienberichten über eine Hakenkreuzschmiererei an der Kölner Synagoge kam es zum Jahreswechsel 1959/60 bundesweit zu Nachahmungstaten. In Hamburg wurden im Zuge dieser antisemitischen Welle mindestens 123 Vorfälle gemeldet, darunter auch zahlreiche Beschimpfungen.
Antisemitischer Schriftzug „Juden raus“ steht unter dem Fenster der Jüdin Ilse Wolff in einem Hinterhaus in der Wohlwillstraße 12 in Hamburg St. Pauli, August 1960.